Verhalten und Erziehung von Hunden
Hundsprache richtig deuten und korrektes Verhalten
Calming Signals, was ist das eigentlich?
Calming Signals könnte man als die Gebärden Sprache des Hundes bezeichnen, denn auch Hunde kommunizieren miteinander bzw. mit uns Menschen, sie versuchen es zumindest. Leider sind wir Menschen für diese Signale nicht sehr empfänglich und deuten das Verhalten unseres lieben Vierbeiners oftmals völlig falsch.
Der Umgang mit anderen Menschen fällt uns leicht, und wir bezeichnen uns selbst als die intelligenteste Lebensform dieser Erde, warum also verstehen wir die Hunde nur so, wie wir sie gerne verstehen möchten? Trifft man auf der Strasse einen flüchtigen Bekannten, bleibt man kurz stehen, sagt „Hallo“ und geht dann weiter, aber tatscht man ihn so richtig auf den Kopf, wie wir das bei den Hunden immer machen? Wir benehmen uns Hunden gegenüber wie Wikinger. Die Höflichkeits- und Beschwichtigungsgesten unseres Hundes beachten wir nicht - vielleicht, weil wir sie nicht kennen.
Die Sprache der Hunde besteht aus einer Vielzahl von Signalen, die sie mit Hilfe ihres Körpers, des Gesichts, der Rute, der Ohren über Gesten und Töne aussenden. Hunde sagen uns stets, was los ist, bevor etwas passiert. Wenn wir Menschen nun lernen auf diese Signale zu reagieren, ja, diese Signale zu verstehen, dann können wir Gefahren vermeiden, den Hund beruhigen und Kinder sofort wegnehmen wenn dieser es möchte.
Im groben bedeuten Calming Signals folgendes:
- Ich bin harmlos, tu mir nichts
- Ich bin der Boss, aber ich tu dir nichts
- Ich mache dir keine Schwierigkeiten
- Ich möchte keinen Ärger
- Du kommst mir viel zu Nahe, das möchte ich nicht
- Lass mich bitte in Ruhe,... usw.
So, jetzt aber zu der Beschreibung der bekannten und oft missverstandenen Beruhigungs-Signale:
- LANGSAME BEWEGUNGEN
- DEN KÖRPER WEGDREHEN
- DEN KOPF WEGDREHEN
- DAS WEDELN MIT DER RUTE
- AM BODEN SCHNÜFFELN
- GÄHNEN
- HINLEGEN, HINSETZEN
- DAZWISCHEN GEHEN
- ÜBER DIE SCHNAUZE LECKEN
Langsame Bewegung
Hunde gehen nicht frontal aufeinander zu, wenn sie sich nähern, werden Ihre Bewegungen bedächtiger und sie weichen kurz zur Seite aus. Rufen wir unseren Hund im Kasernenton oder machen hektische Bewegungen, dann werden wir feststellen, dass er genau das Gegenteil von dem tut, was wir wollen. Er kommt langsam heran, weil er uns beruhigen will! Ist ein Hund im Kreis von anderen Hunden und wir rufen ihn dort ab, wird er nur langsam die Gruppe verlassen, auch wenn er sonst schnell gehorcht. Jetzt kann man sich ungefähr denken, was wir einem Hund antun, wenn wir ihn an kurzer Leine halten und geradlinig auf ein fremdes Mensch-Hund-Team zu marschieren. Wenn wir also ein fremdes Rudel treffen, sollten wir unser Tempo verlangsamen und einen kleinen Bogen laufen. Das ist übrigens ein guter Tipp für Jogger, denn auch wir Menschen können diese Calming Signals aussenden. Für Jogger wäre so manche Begegnung mit Hunden angenehmer, wenn sie ihr Tempo verringern und einen kleinen Ausweichbogen laufen würden.
Den Körper wegdrehen
Jemanden seine Flanke zuzudrehen bedeutet, dass man seine Waffen zur Seite nimmt. Hunde entschärfen das Spiel, wenn es Ihnen zu wild wird, indem sie genau dieses tun. Sie drehen den Körper weg, schnüffeln, pinkeln, setzen oder legen sich hin und damit erreichen sie, dass die Bewegung in etwas ruhigere Gewässer zurückrudert.
Den Kopf wegdrehen
Dieses Signal zeigt der Hund, wie das Schnauzelecken, Schütteln, das Pfoteheben oder das Kratzen, wenn ihm ein anderer Hund gegenübersteht, wir Menschen ihm zu sehr auf die Pelle rücken, wenn wir ihn anstarren oder wenn wir ein schönes Porträt-Foto von ihm knipsen wollen. Der Hund dreht seinen Kopf weg und schaut scheinbar verlegen zur Seite. Er zeigt uns, dass er sich nicht wohl fühlt. Entschärfen wir also die Situation, indem wir neben den Hund gehen und unsererseits Calming Signals aussenden, bis er selbst wieder auf uns zukommt. Dann streicheln wir ihm die Flanken oder beschäftigen uns mit etwas anderem.
Das Wedeln mit der Rute
Das Wedeln mit der Rute bedeutet nicht immer, dass sich der Hund freut. Der Hund steckt oft in zwiespältigen Empfindungen und wedelt auch dann leicht mit dem Schwanz. Wir müssen den Hund ganz anschauen! Kommt er in niedriger Stellung an, hat die Ohren tiefgelegt, winselt er, legt sich auf den Rücken oder pinkelt vielleicht sogar, dann ist das Wedeln mit der Rute eine „Weiße Fahne“, ein Signal um uns zu beschwichtigen. Beobachten können wir das, wenn wir energisch mit schlechter Laune die Tür knallen und durch die Wohnung stampfen, wenn ein Fremder den Hund anspricht und sich über ihn beugt. Wie oft haben wir intensives Gewedel mit Drehen des Körpers als schlechtes Gewissen gedeutet? Nein, der Hund will uns beruhigen, er bittet um ein friedliches Miteinander.
Am Boden schnüffeln
Das plötzliche Schnüffeln des Hundes, während er mit anderen spielt, ist häufig zu beobachten und bedeutet, dass der Hund einer problematische Situation aus dem Wege gehen will. Da Hunde auch schnüffeln, um Gerüche aufzunehmen, muss wir hier wieder die ganze Szene beobachten um dieses Signal zu deuten.
Gähnen
Gähnen ist ein faszinierendes Signal, das auch wir Menschen gut ausführen können. Ein Hund gähnt, wenn wir zum Tierarzt gehen, wenn ihm ein Kind zu nahe kommt, wenn es Zank in der Familie gibt, wenn er sich in engen Räumen aufhalten muss. Er gähnt um Stress aus seinem Körper zu nehmen. Dieses Signal ist schon eine eindringliche Bitte, zurückzutreten. Gähnen wir also ruhig einmal, wenn es laut knallt, wenn die Handwerker Krach in der Wohnung machen, wenn ein fremder Hund auf uns zukommt. Unsere Hunde werden sich beruhigen, wenn sie sehen, dass wir Calming Signals aussenden.
Hinlegen, hinsetzen
Legt sich ein Hund auf den Rücken, bedeutet dies entweder Unterwerfung oder friedliche Dominanz. Wenn er sich bei Begegnungen mit fremden Hunde hinlegt, dann will er die Situation entschärfen. Als Welpe zeigt er dieses Signal, wenn ihm das Spiel zu rau wird, als erwachsener, wenn die Kleinen Angst vor ihm haben. Schalten wir also einen Schritt zurück, wenn sich der Hund so zeigt. Beispielsweise auf dem Hundeplatz, wenn der Hund langsamer wird, sich hinsetzt, hinlegt, gähnt oder sonstige Calming Signale zeigt, sollten wir zurückschalten, denn in dieser Situation ist das lernen blockiert.
Dazwischen gehen
Wenn Hunde miteinander spielen und ein anderer sich zwischen zwei besonders ausgelassen, spielende drängt, befürchtet er, dass sich Spannungen aufbaut und er will diese Situation entschärfen. Wie oft ist der Hund schon zwischen uns gegangen, wenn wir unseren Partner küssen oder umarmen – und wie oft haben wir dies als Eifersucht gedeutet?
Lippenlecken
Ein schnelles Signal, welches der Hund oft zeigt, wenn sich z.B. ein Mensch
von vorne über ihn beugt oder mit verärgerter Stimme mit ihm redet.
Wieder möchte er die Situation beschwichtigen und uns gutmütig stimmen.
Vermeiden wir es also in Zukunft uns von vorne her über ihn zu beugen,
wenn wir ihn heranrufen, um ihn anleinen zu wollen. Mit in die Knie gehen
oder dem Einklicken des Karabiners von der Seite her geht es auch.
mit freundlicher Genehmigung von Gerlinde Krachler